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Sunday, May 21, 2006

56. Tag: Kirtan im „Studio B“

Hare Rama Olive
Wer kennt sie nicht, die sympathischen Menschen in safranfarbenen Roben und mit kahlgeschorenen Köpfen (und Zöpfen), die im Pulk durch deutsche Innenstädte ziehen und ekstatisch „Hare Krishna, Hare Rama!“ singen. Mal im Ernst, haben wir uns nicht alle diesbezüglich schon mal verwundert oder verstört an den Kopf gefasst? Und außerdem: Warum zum Teufel isst Krishna ständig „Rama“ Margarine? Hatten die damals nicht vielmehr Yak-Butter, oder so was?

Szenenwechsel: Es ist der 56. Tag unserer Boulderreise. Unser Freund Ryan, der sich seit kurzem der ziemlich verwaisten local integral community von Boulder (alles andere, als das was man sich unter einem kulturellen „Epizentrum der integralen Bewegung“ vorstellen würde) angenommen hat, hatte uns alle via email-Verteiler zu einem Kirtan-Event im (Yoga) „Studio B“ eingeladen.

Kirtan 'n Roll!

Kirtan, das ist „devotional chanting“, zu deutsch: „hingabevolles Singen“, eine eigenständige religiöse Praxis im Hinduismus. Man singt traditionelle Gesänge und Mantren, die sich um Krishna und andere Gottheiten wie Ganesha und dergleichen drehen. Da saß ich nun also in dem vollgepackten Yoga-Studio zwischen 50-70 Leuten bei einem „Kirtan“. Dann ging’s ab: „Hare Krishna, Hare Krishna, Krishna, Krishna, Hare, Hare, Hare Rama, Hare Rama, Hare, Hare…”

Bilder aus deutschen Innenstädten bevölkerten mein Bewusstsein. Bilder mit diesen merkwürdigen Freaks, die in einer Tour … - Hoppla, moment mal! - „Hare Krishna, Hare Krishna, Krishna, Krishna, Hare, Hare, Hare Rama, Hare Rama, Hare, Hare…” sangen. Und ich mitten drin. Ich dachte an meine Eltern und musste innerlich lachen. They would hardly ever understand why this would be no contradiction to my secular-atheist upbringing for me. It’s the course of evolution, baby.

Sri Rama (ohne Olive) Die Gesänge wurden immer intensiver. Der Sänger sang die Strophe vor und das Publikum (ich inklusive) wiederholte. Ziemlich eingängig. Nach einiger Zeit drängte sich mir folgender Vergleich auf: Kirtan ist wie auf einem Rockkonzert zu sein. Der Sänger singt den Refrain der Hit-Single und 30.000 Menschen stimmen unisono ein. Nur die Eine Stimme singt noch. Die Trennung ist für einen Augenblick verschwunden, zumindest für den Refrain des Songs. Wir kennen das, machen wir uns nichts vor. Kirtan ist eben dieses Gefühl ausgedehnt auf zwei Stunden, oder wie lange der Event auch dauern mag. Es ist ungeheuer positiv, kraftvoll und öffnet mit erstaunlicher Präzision dein Herz. (Zumindest, wenn du dich der Erfahrung nicht verschließt oder es als lächerlich abtust.)

Wenn du singst, dann gibt es für diesen Moment nichts anderes zu tun. Dann bist du im Moment, anstrengungslos. Oh du süße Selbstvergessenheit. Für einen Augenblick keine kleinlichen Sorgen, nur sich in endlose Weiten ausdehnende Gegenwart.

Kirtan rocks!

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